Aus der Forschung: Gussasphaltestriche auf dem Prüfstand Ist auf diese Norm noch Verlass?

Derzeit forschen BEB und ZVPF am Verformungsverhalten von Gussasphaltestrichen. Der Sachverständige Steffen Glatz bilanzierte in Wiesbaden die bisherigen Ergebnisse. Und zeigte, dass insbesondere die Stärken neu zu hinterfragen sind. Ist auf diese Norm noch Verlass? Wenn es um das Verformungsverhalten schwimmend verlegter Gussasphaltestriche geht, scheint nach vorläufigen Erkenntnissen aus einem IBF-Forschungsvorhaben eine Überarbeitung und Neuregelung in der anstehenden Normung erforderlich. Dies befand der Sachverständige Steffen Glatz bei der BEB-ZVPF-Gemeinschaftstagung in Wiesbaden. Hintergrund des von BEB getragenen und noch nicht abgeschlossenen Projekts, dem sich der Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik finanziell und personell anschloss, war, dass sich die Verlegung von Aufbelägen auf Gussasphalt wie eben auch von Parkett bisweilen mit ganz bestimmten wiederkehrenden Erscheinungsbildern als nicht unproblematisch herausgestellt hätte. Das entspräche keineswegs der sehr positiven Formulierung in dem Informationsblatt der Beratungsstelle für Gussasphalt (bga), Gussasphalt Kompakt A116: „Gussasphaltestriche sind wegen ihrer vielfältigen Eigenschaften das Nonplusultra aller Estriche“, zitierte Glatz. Weiterhin werden sie in dem Blatt unter anderem beschrieben als dicht, porenfrei, geruchslos, staubfrei, wasserbeständig, dauerhaft und wirtschaftlich. Auch emissionsfrei, wiederverwertbar und umweltschonend sind Attribute, die den Gussasphalt in dem genannten Blatt in einem sehr gutem Licht erscheinen lassen. Zum Thema Gussasphalt ist laut Glatz eine Vielzahl von schriftlichen Informationen im Umlauf, zu denen neben den technischen Informationen und dem Asphaltkalender des bga vor allem die aktuellen Normen sowie diverse Sonderdrucke gehören. Den Unterlagen sei aber gemein, dass sie nicht immer eindeutig und bisweilen missverständlich seien. So äußert sich die DIN 18560-2 „Estriche im Bauwesen Teil 2: Estriche und Heizestriche auf Dämmschichten (schwimmende Estriche)“ zu Dämmschichten folgendermaßen: Bei Gussasphaltestrichen müssen Dämmschichten aus Schüttungen oder aus Dämmstoffen oder aus Dämmplatten mit geringer Steifigkeit mit einer ausreichend dicken, verformungsbeständigen Dämmplatte abgedeckt werden. Hier fehle allerdings der Hinweis, was ausreichend dick genau bedeute, moniert der Experte. Systeme mit Niedertemperatur Weiterhin müssen Dämmschichten unter Gussasphaltestrichen stofflich oder durch zusätzliche Maßnahmen einer kurzzeitigen Einbautemperatur bis 250 °C standhalten. Mittlerweile gibt es temperaturabgesenkte Systeme mit Temperaturen von 210 bis 230 °C, die wie Glatz erwähnte, durch Zugabe bestimmter additiver Harze in diesem Temperaturbereich handhabbar gemacht würden (siehe Grafik links zur Niedertemperatur). Normative Hinweise gäbe es auch zu temperaturbeständigen Abdeckungen der Dämmschicht mit Rippenpappe, Rohvliesglas oder Ähnlichem. Auch das Thema Randstreifen ist in der Norm angesprochen, die nicht nur bis 250 °C hoch temperaturbeständig sein müssten, sondern bei harten Belägen wie Parkett und Fliesen auch entsprechend zu dimensionieren sind (ca.10 mm) - mit weiteren Maßvorgaben für die Bewegungsmöglichkeiten bei Heizestrichen von mindestens 5 mm. Die Eindringtiefen sind geregelt in der Tabelle 1 nach der DIN EN 13813, die allerdings in keinem Zusammenhang mit dem Tragfähigkeitsverhalten gesehen werden kann (siehe Tabelle 1). In der Ausführungsnorm VOB/C ATV DIN 18356 „Gussasphaltarbeiten“ wird anders als bei Zementestrichen, wo die Härteklassen vorgegeben sind, gefordert, „die Zusammensetzung der Gussasphaltmasse dem Auftragnehmer“ vorzubehalten. Der Verwendungszweck sei dabei zu berücksichtigen, wobei die Bindemittelwahl das wesentliche Instrument sei, Einfluss auf die Estricheigenschaften zu nehmen. Im Informationsblatt 45 für schwimmende Gussasphaltestriche und Gussasphalt-Heizestriche auf Dämmschicht, das heute als Informationsblatt 50 aktualisiert ist, gibt es unter anderem Planungs- und Ausschreibungshinweise: Die erforderliche Nenndicke des unbeheizten Gussasphaltestrichs richtet sich nach der zu erwartenden Beanspruchung aus Flächenlasten und lotrechten Nutzlasten (Einzellasten). Die DIN 1055-3, in der Einzellasten definiert sind, sieht für Einzelasten eine Aufstandsfläche von mindestens 5 × 5 cm2 vor. das gilt allerdings nur für Einwirkungen auf Tragwerke und nicht für Einwirkungen auf Ausbausysteme wie z. B. Estrichkonstruktionen. Für Aufstandsflächen werden daher im Allgemeinen zusätzliche Überlegungen erforderlich. Außerdem ist die Beanspruchbarkeit der Dämmschichten zu beachten. In der Tabelle 2 sind die Nenndicken und Härten, die nach Norm im Wohnungsbau üblicherweise der Klasse IC 10 entsprechen, vorgegeben (siehe Tabelle 2). Doch es kann auch eine Kruz sein, sagt Glatz, dass Planer mit dieser Tabelle arbeiten. Denn in dieser werden keine konkreten Aufbauten genannt - deshalb meinten Planer oft, bei bekannten Lasten unter Berücksichtigung der Zusammendrückbarkeit der Dämmschichten die Nenndicken der Estriche festlegen zu können. Und das obwohl trotz einiger dokumentierter Tabellen genauere Angaben zum Aufbau fehlen. Erwähnenswert ist laut Glatz weiterhin der Hinweis in Blatt 44 - Industrieestrich aus Gussasphalt: Hier heißt es, es sei zu empfehlen, schon während der Planung eine Gussasphaltfirma zur Beratung heranzuziehen. Doch das ist letztlich nur eine Übertragung der Verantwortung an die Fachleute aus der Praxis, weil es an den notwendigen Unterlagen fehlt. Muldenbildung und Risse Vorrangig sind die Probleme bei Gussasphaltestrichen in drei Kategorien einzuordnen: 1. Muldenbildungen und Abtellerungen unter Einzellasten. 2. Rissbildungen infolge Schwindspannungen von Spachtelmassen und/oder Klebemörteln. 3. Verformungen durch Quellen und Schwinden von Parkett. Um dies bildhaft zu untermauern, berichtete Glatz von typischen Schadensfälle mit unterschiedlichen Aufbauten, Hilfsstoffen und Bodenbelägen. Darunter zum Beispiel Kautschukflächen, die bei einem 25 mm AS IC 10 Absenkungen zwischen 5 und 10 mm aufwiesen oder auch Rissbildungen von 30 × 30 cm Feinsteinzeugfliesen, die auch im Kleber und in der Asphaltoberfläche eines 30 mm dicken Estrichs auftraten. Ein weiteres Beispiel waren Verformungen von Parkett auf Gussasphalt unter den besonderen Raumklimaeinflüssen eines Niedrigenergiehauses - wobei die Quellungs- und Schwindungserscheinungen des Holzes in Verbindung mit dem Gussasphalt generell eine Herausforderung sind. Probleme in dieser Hinsicht mit zu geringen Randfugenausbildungen oder die Auswirkungen spannungsaufbringender Spachtelmassen, die wegen der Dichte des Untergrundes lediglich über eine Austrocknungsrichtung verfügen, gehören zur täglichen Praxis. Diese Erfahrungen führten letztlich zu dem Forschungsprojekt beim IBF. Insbesondere soll bei diesem untersucht werden, welche Angaben zur Tragfähigkeit sich in den gängigen Normen und Unterlagen finden und wie diese Werte mit der Realität korrelieren. Das besondere Interesse des ZVPF ist dabei darauf gerichtet, neben Informationen über das horizontale und vertikale Verformungsverhalten von Gussasphalt und Parkett bei unterschiedlichen Raumklimaten Informationen über die geforderten Nenndicken von Gussasphaltestrichen zu erhalten. Im Prüfprogramm wurden unter Betreuung eines Arbeitskreises neun Probeflächen mit unterschiedlichen Estrichdicken, unterschiedlichen Dämmschichten und verschiedenen Belägen und vorbereitenden Maßnahmen angelegt. Verleger kann Tragfähigkeit nicht erkennen Aus den noch nicht abgeschlossen Prüfungen lassen sich erste, allerdings noch diskutierfähige Schlussfolgerungen ziehen: Wie erwartet wurde die Abhängigkeit der Dicke des Gussasphalts auf dessen Verformungsverhalten nachgewiesen. Generell kann der Verleger die Tragfähigkeit eines Gussasphaltestrichs im Rahmen seiner Prüfungspflicht nicht erkennen. Er kann sich gegebenenfalls über Bedenkenanmeldungen absichern, wobei er sich darauf verlassen muss, dass insbesondere das, was an Dicke eingebaut ist, auch zutrifft. Besondere Herausforderung ist das Spachteln oder Rakeln, dass bei nahezu allen Belägen erforderlich ist. Hier besteht immer ein Spannungsfeld aus technischer Notwendigkeit, erforderlicher Mindestdicke und dem Verhalten des Asphalts bzw. der Spachtelmasse. Die Anforderungen an die Verformungen sind auch belagsabhängig, harte Materialien wie Fliese oder Parkett verhalten sich hinsichtlich des Lastabtrags günstiger als Designbeläge oder gar Sichtestriche, für die nur geringfügige Toleranzen gelten. Das gilt auch für großformatige Natursteinbeläge. Insbesondere bei Parkett ist die Randfugenmasse noch einmal zu überdenken. Das A und O eines funktionsfähigen Gussasphaltestrichs ist der Untergrund, wobei die TSD (Trittschalldämmung) vollflächig aufliegen muss (DIN 18202, Tabelle 3, Zeile 4 scheint nicht auszureichen). Auch eine Schüttung muss an der Oberfläche nahezu „planeben“ sein. Die Beschränkung der Zusammendrückbarkeit der TSD auf <m 2mm scheint folgerichtig, wobei über die Frage, wie die Lastabtragung bzw. Lastverteilung im Asphalt überhaupt erfolgt, noch klärungsbedarf besteht. Die Angaben zu den Dicken des Gussasphalts in den Tabellen 1-4 in DIN 18560-2 sind nach bisherigen Erfahrungen in Frage zu stellen. Bei üblichen Wohnraumlasten mit Flächenlasten von <m 2 kN/m² und Einzellasten <m 1,0 kN sollte die Dicke des AS IC 10<m 35mm betragen. Der Arbeitskreis diskutiert derzeit noch über diese vorläufigen Folgerungen und steht auch mit dem technischen Kreis der bga in enger Verbindung. Wichtigstes Ergebnis: Da zukünftig eine Überarbeitung der bestehenden Norm ansteht, scheint dort eine Neuregelung für Gussasphaltestriche besonders hinsichtlich der erforderlichen Nenndicken notwendig. Walter Pitt walter.pitt@t-online