Schulterschluss zwischen Estrich- und Bodenlegern Auf den Estrich, fertig, los!

Bei der Austrofloor in Wien bewiesen Estrich- und Bodenleger ihren Willen, auch künftig die Zusammenarbeit zu verstärken. Themen rund um den Estrich standen im Fokus der Veranstaltung.

Alt-Innungsmeister Kommerzialrat Otto Mayrhofer war überrascht und gerührt über die nach ihm benannte Medaille, die ab sofort alle Meister mit Vorzug bekommen. Von links: Ing. Georg Mayrhofer, Otto Mayrhofer, Toni Spiegel, Christian Reiböck. - © Mayrhofer

Auf den Estrich, fertig, los!

Ganz im Zeichen des Estriches stand die Austrofloor, die am 9. November in Wien stattfand. Zusammen mit dem Fachverband Österreichischer Estrichhersteller (VÖEH) verstärkten die Beteiligten den Schulterschluss zwischen den Boden- und Estrichlegern.

Bei seiner Begrüßung freute sich Bundesinnungsmeister Ing. Georg Mayrhofer vor allem über 30 Schüler der 3. Bodenlegerberufsschulklasse aus Wien, die neben insgesamt 170 Teilnehmern mit ihren Lehrern, Kommerzialrat Christian Dobianer, Landesinnungsmeister Heinz Hofer und Leopold Radlinger, zum Fachkongress für Anwendungstechnik gekommen waren. Gerade der Nachwuchs soll sich von Anfang an weiterbilden, da die Lehrabschlussprüfung zwar die gute Basisausbildung für den vielseitigen Beruf des Bodenlegers darstellt. Die Technik aber schreitet immer weiter fort, sodass man am Ball bleiben muss. Dass dies den jungen Bodenleger-Handwerkern in Österreich gut gelingt, war bei den Euro-Skills in Belgien zu sehen, wo nicht nur Thomas Jais den guten zweiten Platz errang, sondern der Sieger aus Südtirol in der Berufsschule in Innsbruck gelernt hat.

Positiv beeindruckt zeigte sich Mayrhofer zudem über die neue Einigkeit mit den Estrichlegern. Zwar umfasst das Gewerk des Bodenlegers schon seit fast 20 Jahren Belag, Parkett und Estrich. Dies ist in den Köpfen aller Beteiligten aber noch nicht so stark verankert.

Von Kooperation profitieren

Durch die erstmalige Zusammenarbeit bei der Austrofloor mit den österreichischen Estrichherstellern sollen die Vorbehalte und ein Gegeneinanderarbeiten auf der Baustelle durch eine Kooperation abgebaut werden. Schließlich haben beide Handwerksteile eine gemeinsame Aufgabe, nämlich ein schadenfreies Gewerk herzustellen.

Den Beginn der Fachreferate machte Andreas Aigner, Bodenleger und Sachverständiger, über das Thema „Ebenheits- und Winkeltoleranzen“. Dabei erläuterte er die Begriffe der ÖNORM und die Prüfpflichten am Estrich. Er führte auch einen Nivellier-Laser vor, mit dem der Bodenleger einfach und schnell diejenigen Stellen am Estrich herausfinden kann, bei denen er mit Lineal und Messkeil genau messen muss.

Den zweiten Vortrag des Vormittages hielt Prof. (FH) Dr. Christian Heschl von der Fachhochschule Pinkafeld über das Thema „Trocknungsverhalten von Estrichen. Der Forscher erläuterte dabei praxisgerecht das Materialklima abhängig von den raumklimatischen Verhältnissen und den Einflussgrößen und Wechselwirkungen aus Sicht eines Gebäudetechnikers. Besonders deutlich zeigte sein klar strukturierter Vortrag, wie die jahreszeitbedingten Schwankungen des Wetters, das Nutzerverhalten, die Bauphysik und die Gebäudetechnik das Materialklima von Parkettböden beeinflussen können. Der Fachmann brach eine Lanze für die Fid-Box, mit der alle diese Einflüsse dokumentiert und nachvollzogen werden können.

Mit dem Referat über das Austrocknungsverhalten lieferte Thomas Wojna von der Ernstbrunner Kalktechnik physikalische Hintergrundinformationen zur Zementhydratation. Zudem sprach er über den Einfluss der Porenstruktur in der Estrichplatte auf die Estrichgüte und -feuchtigkeit. In der Präsentation ging er auch auf die Themen Ausgleichsfeuchte und praktischer Feuchtigkeitsgehalt sowie auf die Auswirkung auf die Belegreife und den Oberboden ein. Obwohl alleine seine Firma in den letzten 13 Jahren über zwei Mio. m2 Zementfließestrich verkauft hat, besteht beim Bodenleger bezüglich der Feuchtemessung bei beschleunigten Systemen immer noch Erklärungsbedarf. Der Experte rät in allen Fällen, bei denen ein erhöhter Feuchtigkeitsgehalt im Estrich vom Bodenleger festgestellt wird, diesen vom Hersteller messen und freigeben zu lassen. Damit wären sehr viele Probleme in der Praxis zu verhindern. Die „Arge Estrich“ wird daher mit der Bundesinnung der Bodenleger eine gemeinsam erarbeitete Broschüre herausgeben, die ganz klare Verhaltensregeln vorgibt. Damit wird die Verantwortungs- und Haftungsfrage eindeutig geklärt. Jeder Oberbodenleger muss in Zukunft auf dieser Vorgehensweise bestehen, um sich nicht Haftungen auszusetzen, die andere zu vertreten haben.

Schnelltrocknende Estriche im Fokus

Werner Schweizer von der Glass AG, einem Hersteller von Trocknungsbeschleunigern, bot einen besonders interessanten Einblick über das Prinzip und die Wirkungsweise von beschleunigt getrockneten Estrichen. Er berichtete dabei von den neuesten Beschleunigergenerationen und deren Wirkungsweise auf die Ausgangsstoffe. In der Praxis werden bis zu 20 Prozent aller Estriche mit Beschleunigerzusätzen verlegt. Daher ist dieses Thema voneiner besonderen Praxisrelevanz, denn jeder Bodenleger wird mehrmals jährlich damit konfrontiert - oft, ohne dies zu wissen. Neben der CEM2-Problematik zeigte Schweizer auch den Unterschied zwischen Labor- und Praxisbedingungen auf. Speziell die oft diskutierte CM-Messung bringt immer wieder Kontroversen über das Ergebnis und damit über die Verlegereife für die Oberböden mit sich. Genau wie im Falle eines Zementfließestriches gilt die Regelung, dass der Zusatzmittellieferant gemeinsam mit dem Estrichhersteller, dem Estrich- und dem Oberbodenleger gemeinsam den Feuchtigkeitsgehalt des Estriches messen müssen. Dann muss der Zusatzmittellieferant über die Auftragskette (Estrichleger-Architekt-Bauherr) die Verlegereife für den Oberboden freigeben.

Das betonte auch Ing. Ingomar Smrcka von Ardex. Dieser mahnte zu einer engen Zusammenarbeit zwischen der Industrie und den Estrich- und Bodenlegern, um schadensfreie Bodenkonstruktionen ohne Probleme her-zustellen. Speziell beim Einsatz von Schnellsystemen muss der Estrichleger den Bauherrn fragen, wie schnell der Estrich wirklich trocken und verlegereif sein soll. Wenn der Bodenleger nicht nur die Bauphysik und sein Bauchgefühl beachtet und das richtige Produkt am richtigen Platz einsetzt, dann sollte nichts passieren.

Ehrung für Otto Mayrhofer

Vor der Publikumsdiskussion, die von Ing. Robert Tucheslau vom Verband der Österreichischen Estrich-Hersteller gemeinsam mit Ing. Georg Mayrhofer moderiert wurde, bekam Kommerzialrat Otto Mayrhofer für sein Lebenswerk die Otto-Mayrhofer-Medaille überreicht. Diese Medaille bekommt in Zukunft jeder Bodenlegermeister, der alle drei Module mit Auszeichnung absolviert. Bei der lebhaften Diskussion legten die Beteiligten ihre teils gegensätzlichen Standpunkte dar. Zum Abschluss waren sich aber alle einig: Die meisten Schäden resultieren aus mangelndem Wissen, aber auch durch mangelhafte Kommunikation aller Beteiligten.

Um diese Kommunikation weiter zu fördern, wird auch im November 2013 wieder eine Austrofloor stattfinden, damit alle Marktteilnehmer über Probleme diskutieren, bevor diese überhaupt entstehen oder noch größer werden können.

Thomas Mayrhofer