Der interessante Schadensfall Auf das System gepfiffen

Im vorliegenden Fall hat der Handwerker nicht aufeinander abgestimmte Verlegewerkstoffe unterschiedlicher Hersteller eingesetzt. In der Folge kam es zu einem Totalschaden am verlegten Parkettboden. Für die entstandenen Kosten musste der Handwerker haften.Im Sommer wurde Klebeparkett Thermoeiche in Englischdessin vollflächig auf neue Zementestriche mit integrierter Bodenheizung aufgeklebt. Die Oberflächenendbearbeitung des Rohparketts erfolgte durch Schleifen und Versiegeln vor Ort. Bereits im Herbst des gleichen Jahres musste das Parkett wegen großflächigen Ablösungen wieder über die ganze Fläche demontiert und ersetzt werden. Die abgelösten Klötzli bildeten großflächige „Buckel“ im Boden und brachen zum Teil aus. Stolper- und Verletzungsgefahren beim Begehen der Parkettböden traten auf. Die Zementestriche kamen zudem mit breiten Rissen zum Vorschein, welche danach mit Reaktionsharzen ausgefüllt und zusätzlich mit Quereisen verfestigt wurden. Da die Estrichoberfläche dazu auch noch ungenügend fest erschien, wurde vor dem erneuten Parkettverlegen zusätzlich eine Beschichtung des Mörtels mit einer Imprägnierung zur Verfestigung aufgetragen. Die verwendete Imprägnierung, normalerweise als Feuchte-/Dampfsperre eingesetzt, wurde 2-fach appliziert und erzeugte eine dicke Schicht. Direkt auf die Estrichbeschichtung erfolgte der Einbau von neuem Klebeparkett Thermoeiche englisch, verklebt mit einem 1K PUR Elastklebstoff. Zum Schluss wurde das sägerohe Parkett wieder geschliffen und mit Wasserlack versiegelt. Leider erfolgten nur etwa zwei Monate später erneut Ablösungen mit Aufwölbungen im Parkett. In einem Kinderzimmer musste das Parkett sofort wieder entfernt werden, da die Nutzbarkeit des Raumes wegen der großen Buckel und Ausbrüche stark beeinträchtigt war. Schadensbild Beim Augenschein vor Ort durch den Experten lag das Parkett in diversen Bereichen abgelöst und aufgewölbt vor. Die fehlerhaften Zonen traten über alle Flächen verteilt auf. Bei den Aufwölbungen konnte das Parkett nach unten gedrückt werden. Nach dem Entfernen von Parkett zu Kontrollzwecken verblieb der Parkettleim vollflächig unten am Holz. Auf der Imprägnierung über dem Zementestrich haftete kaum bis kein Klebstoff mehr. Die Estrichoberfläche, wie auch die Leimunterseite, glänzten stark. Angrenzend an die bereits erfolgten Ablösungen konnten ebenso nur gering haftende Parkettbereiche großflächig ohne massive Kraftaufwendungen abgehoben werden. Die Trennung erfolgte immer zwischen Klebstoff und Estrichbeschichtung. Zudem wies das Parkett in vielen Bereichen bei Stößen hochgepressten Klebstoff auf. Dieser lag ähnlich einer Wurst auf der Oberfläche vor. Beim Entfernen von Parkett in diesen Zonen und Auftrennen der Klötze wurde der weiche Parkettleim über die ganze Seitenfläche der Parkettlamellen sichtbar. Beurteilungsgrundlagen Die eingesetzte Imprägnierung (Feuchtigkeitssperre) auf der Estrichoberfläche bildete einen glasharten und ganz glatten Film auf dem Mörtel. Die Auftragsmengen wurden deutlich höher angewendet, als im technischen Beschrieb des Produktdatenblattes vorgegeben. Dadurch wurde die Oberfläche noch glatter. Soll auf der Feuchtigkeitssperre eine Weiterverarbeitung mit Klebstoff oder Spachtelmasse erfolgen, erfordert die oberste Schicht der Imprägnierung das Einstreuen von Quarzsand. So die Vorgabe im technischen Datenblatt zum Produkt. Auch der Produktbeschrieb des Klebstoffes umschreibt eine Quarzsandabstreuung der Untergrundoberfläche beim Einsatz von Feuchtigkeitssperren, damit der Klebstoff mechanisch verkrallen kann. Obwohl die beiden verwendeten Produkte (Dampfsperre und Parkettklebstoff) nicht aus dem gleichen Haus stammen, liegen identische Vorgaben in den technischen Datenblättern vor. Mit dem ISP-Merkblatt Nr. 13 werden die Reparaturmöglichkeiten der verschiedenen Parkettarten und -behandlungen umschrieben. Ein vollflächig vor Ort versiegeltes Parkett kann demnach örtlich nie ohne verbleibende Sichtbarkeit von Reparaturstellen (Schleif- und Lackansätze sowie Farbdifferenzen im Holz) bearbeitet werden und erfordert bei Reparaturen immer ein erneutes vollflächiges Schleifen und Neuversiegeln der ganzen zusammenhängenden Bodenfläche. Schadensanalyse Der Parkettklebstoff konnte keine mechanische Verkrallung mit der Untergrundoberfläche eingehen. Auf dem glatten Beschichtungsfilm haftete der Leim nur mäßig und Klebstoffrückstände konnten sogar abgerubbelt werden. Weder eine chemische noch eine mechanische Verbindung lag vor. Geringer Quelldruck im Holz erzeugte infolgedessen die Ablösungen des Parketts mit Aufwölbungen. Wäre das Parkett bis in den Winter „ordentlich“ vorgelegen, hätten trotzdem Ablösungen auftreten können, diesmal aber im Bereich von Fugenbildungen im Holzboden während der Heizperiode und Trockenwetterphase. Die Schwindprozesse hätten Abrissfugen erzeugt und dabei wäre das Parkett, wiederum wegen der ungenügenden Haftung, ebenso abgelöst und aufgewölbt. Die Ursache der vielen und großen Parkettablösungen ist also auf eine unsachgemäße Estrichvorbereitung, resp. nicht kompatible Produkte zurückzuführen. Der hochgepresste Klebstoff zwischen den Lamellen hatte die Ursache in einer unsachgemäßen Verlegung der Parkettelemente. Anstatt von oben das Holz senkrecht auf den Klebstoff aufzulegen und ordentlich anzuklopfen, wurden die Parkettverlegeelemente zusammengestoßen wie Produkte mit Nut/Kamm-Verbindung. Vor den Stoßflächen wurde der Leim sodann abgestossen und in den Stößen hochgepresst. Nach dem Schleifen und Versiegeln des Parketts bildete dieser Klebstoff noch keine Probleme, aber der natürliche Quelldruck im Holz führte während der Feuchtwetterphase (Sommer/Herbst) zum Hochpressen und Austreten des Klebstoffes auf der Bodenoberfläche. Hätte das Parkett nicht sofort wieder einen Schaden erfahren, wären nach einiger Zeit die Stoßbereiche mit hochgepresstem Klebstoff dunkel vorgelegen und die Versiegelung hätte einige Millimeter breit, parallel zu den „Leimfugen“, durch Weichmacherwanderungen aus dem Kleber eine Aufweichung erfahren. An den Aufweichungen haften sodann Verschmutzungen und die Zonen verfärben dunkel. Schadensbehebung Das gesamte Parkett musste ersetzt werden. Örtliche Reparaturen wären nicht möglich gewesen, da eine ordentliche Fixierung des nachträglich eingesetzten Parketts unweigerlich angrenzend zu weiteren Ablösungen mit Aufwölbungen geführt hätten, da das Holz in diesen Zonen immer noch ungenügend befestigt vorlag. Nach dem Ausbau des Parketts erforderte die Estrichoberfläche nochmals eine Behandlung mit dem gleichen Produkt wie zuvor (Feuchtigkeitssperre), aber zusätzlich noch eine sachgerechte Einstreuung von Quarzsand. Danach konnte neues Parkett aufgeklebt und endbehandelt werden. Fazit: Arbeiten Sie immer in einem System mit kompatiblen Produkten aus dem gleichen Herstellerhaus und beachten Sie die technischen Daten und Vorgaben betreffend der Verarbeitung. Nur so kommen auch Sie in den Genuss einer ordentlichen Hersteller-/Lieferantengarantie! Bernhard Lysser Bernhard Lysser ist Experte ISP undMitglied von Swiss Experts, derschweizerischen Kammer technischer und wissenschaftlicher Gerichtesexperten.