Der interessante Schadensfall: Wenn dem Bauherrn der Boden zu laut ist Auch auf Schrauben kommt es an

Knarrgeräusche und Nachgiebigkeiten bei Holzfußbodenkonstruktionen sind durchaus materialtypisch. Dass diesen Erscheinungsbildern allerdings auch Grenzen gesetzt sind, zeigt dieser Schadensfall.Die Lage der Loftwohnung in der Millionenstadt am Rhein war ein Traum. Die 700.000 Euro hierfür schienen gut angelegt. Das galt allerdings nicht unbedingt für die Investition in die Fußbodenarbeiten, denn einen echten Dielenspezialisten hatte der rührige Architekt und Bauleiter nicht aus dem Hut gezaubert. Jedenfalls knarrte und quietschte der Boden bereits nach Ende der ersten Heizperiode derart, dass es bereits sehr früh zu einem Treffen und zu einer ersten Besichtigung der Fußbodenprobleme mit dem Bauherrn kam. Er erinnerte sich daran, dass speziell im oberen großzügig gestalteten Wellnessbereich die damals ausgeführten Arbeiten an der Trockenkonstruktion unter hohen bauklimatischen Belastungen durchgeführt wurden. Das Problem: Die Fenster- und Balkontüren waren noch nicht fertiggestellt. „Wird schon gut gehen“, lautete der Kompromiss, der unter Zeitdruck zustande gekommen war und auf den sich der Auftragnehmer eingelassen hatte. Auf die gleiche Formel einigten sich Bauherr, Architekten und Verleger bei der Baustellenbesichtigung anlässlich der aktuellen Beschwerde. Wenn die Feuchte wieder aus der Luxuswohnung getrocknet sei, hätte man Ruhe, so lautete die Hoffnung aller Beteiligten. Doch meist sind solche Hoffnungen trügerisch. So auch in diesem Falle: Denn die Bewegungen und Knarrgeräusche im Boden nahmen keinesfalls ab, im Gegenteil. „Nutzerverhalten“, meinte der Verleger, von „handwerklichen Mängeln“ sprach der Auftraggeber. Es kam letztendlich zum gerichtlichen Streit. Der zum Zwecke der Beweissicherung eingeschaltete Sachverständige nahm zunächst die Gegebenheiten vor Ort auf. SchadensbildIm unteren Geschoss der Wohnung im fünften Stock einer ehemaligen Glasfabrik lag in sämtlichen Räumen ein einfacher Fichtendielenboden mit Längen von etwa drei Metern und Breiten von 11,5 Zentimetern sowie Dicken von 19,5 Millimetern, geschraubt auf alten Lagerhölzern. Der Boden war mit einem Wasserlacksystem grundiert und zweifach versiegelt worden. Oberflächlich zeigten sich deutliche Abrissfugen von bis zu vier Millimetern Breite sowie in einigen Teilbereichen erhebliche Nachgiebigkeiten bei Belastung, immer verbunden mit bei jedem Schritt deutlich hörbaren Knarrgeräuschen. Der Boden wurde geöffnet und es zeigten sich an den Enden leicht bewegliche Lagerhölzer im lichten Abstand von etwa 75 Zentimetern, auf denen die Dielen direkt in der Feder verschraubt waren. Die längsseitigen Randabstände waren teilweise geschlossen. In der oberen Dachwohnung lag eine dreischichtige Landhausdiele mit werkseitigem Ölauftrag in der Holzart Eiche. Sie zeigte in zwei balkontürnahen Teilbereichen Aufwölbungen von etwa fünf bis sechs Millimetern auf eine Länge von 1,20 Metern, die mit deutlich vernehmbaren Knarrgeräuschen und sichtbaren Nachgiebigkeiten beim Begehen korrelierten. Ansonsten gab es zwar weitere Geräuschentwicklungen, diese schienen aber auf die gesamte Fläche verteilt und unter Berücksichtigung der Holzkonstruktion keineswegs störend, sondern durchaus charakteristisch, wie der Gutachter später schriftlich festhielt. Die Randbereiche, so zeigte es sich nach Entfernen einiger Fußleisten, lagen mit noch ausreichenden Dehnungsfugenbreiten vor, so dass das Ansinnen des Bauherrn, durch ein Freischneiden des Bodens Abhilfe zu schaffen, nicht erfolgversprechend wirkte. Die Holzfeuchten lagen wie in der unteren Wohnung mit circa 10,5 Prozent bis 10,8 Prozent für den sommerlichen Besichtigungstermin im Normbereich. Da die zur Verfügung gestellten Unterlagen hinsichtlich der Konstruktion nicht eindeutig waren, entschloss sich der Sachverständige, den Boden an der Schadensstelle mit Einverständnis des Bauherrn öffnen zu lassen. Es zeigte sich, dass das Parkett auf einer 22 Millimeter dicken Spanplatte vollflächig mit einem elastischen Silanklebstoff verklebt worden war. Darunter kam eine kreuzweise versetzte OSB-Platte in 20 Millimetern Dicke zum Vorschein, die mit der Spanplatte ebenfalls durch Verklebung verbunden war. Darunter lagen in einem Abstand von etwa 90 Zentimetern die tragenden Konstruktionsvollhölzer. Bei der Öffnung offenbarten sich die Schraubverbindungen zur OSB-Platte als 40 Millimeter lange, blank verzinkte Schrauben mit Teilgewinde und darüber glattem Schaft. So weit, so gut. Der Gutachter räumte seine Messgeräte wieder ein, verließ die Baustelle und formulierte anschließend die Antworten auf die Beweisfragen. SchadensursacheDemnach waren die Abstände der Lagerhölzer für die schadensfreie Auflage einer 19,5 Millimeter dicken Fichtendiele erheblich zu weit, ganz unabhängig davon, dass die alten Lagerhölzer vor allem an deren Kopfenden zu viel Bewegungsspielraum gehabt hätten. Die Versiegelung mit einem Wasserlackaufbau hätte zu dem Abrissfugenbild beigetragen und die nicht eingehaltenen Randabstände für zusätzliche Reibungspotentiale in der unsachgemäßen Konstruktion gesorgt. Der Fichtendielenboden müsse komplett ausgetaucht werden, inklusive einer vorherigen Reparatur der Lagerholzkonstruktion. Im Obergeschoss sah der Gutachter die Angelegenheit etwas differenzierter. Hier wären die gelegentlichen Knarrgeräusche beim Begehen als holztypisches Erscheinungsbild ohne Einschränkungen zu tolerieren. Das gelte allerdings nicht in dem Bereich der Balkontüren, wo es zur Aufwölbung gekommen war. Ein Zusammenhang mit dem Zustand bei Einbau der Dielen wäre zwar nicht mehr nachzuweisen, das vorgefundene Bild sei allerdings nicht fachgerecht. Schadensförderlich seien die eingesetzten Schrauben für die OSB-Plattenbefestigung auf den KVH-Trägern mit Teilgewinde gewesen, nicht nur wegen des fehlenden fixierenden Gewindes unter dem Schraubenkopf, sondern auch wegen ihrer Länge von lediglich 40 Millimetern. Der Hersteller der OSB-Platten schreibe das 2,5-Fache der Plattendicke von 20 Millimetern vor, vermerkte der Sachverständige. Beides hätte dazu beigetragen, dass sich aufgrund raumklimatischer Wechsel und der Gehbelastung die Verbindung zwischen Auflager- und OSB-Platte im Laufe der Zeit etwas gelockert hätte und dadurch Reibungen zwischen Schraube und Holzwerkstoff möglich wurden, die sich in vermehrten Knarrgeräuschen äußerten. SchadensbeseitigungIm Gegensatz zur unteren Wohnung wäre es allerdings ausreichend, nur die wandnahen Reihen der Dielen mit den gegebenen Aufwölbungen auszutauschen und hier für eine feste Arretierung der Unterkonstruktion zu sorgen. Trotz der zu kurzen und knarr-sensibleren Schrauben könne der übrige Bereich liegenbleiben, befand der Gutachter mit Hinweis auf die nur geringfügige Nutzung dieser Räumlichkeiten. Da im Zuge der Reparatur der Boden komplett geschliffen werden musste, empfahl der Gutachter eine Oberflächenversiegelung, die geschlossenporiger wäre als das Werksöl und damit den Einfluss des Raumklimas in seiner Auswirkung auf das Holz minimieren würde.