Abrissfugen im Dielenboden: Ein "gesalzener" Schaden

Wenn der Winter zu Ende geht, zeigt sich ein Holzfußboden von den Strapazen der trockenen Monate oftmals mitgenommen. Bei einem alten Dielenboden in einer Bauernkate am Ufer der Weser zeigten sich Abrissfugen und weiße Flecken.

Schadensfall
Ein typisches Abrissfugenbild mit aus der Nachbardiele herausausgerissenem Fichtenholz. - © bwd

Ein alter Dielenboden zeigte nach dem maschinellen Abschleifen und Neuversiegeln Risse; 23 in der Diele, 17 in der Küche und 44 im Wohnzimmer, darüber hinaus 22 weiß schimmernde Lackreste zwischen den Verlegeelementen. Zu lesen ist dies in dem Beweisbeschluss eines ostdeutschen Landgerichts, den der Gutachter zu bearbeiten hatte. Er ahnte bereits im Vorhinein, was ihn erwarten würde.

Schadensbild

Vor Ort musste der Gutachter einen mit bunten, durchnummerierten Papierstreifen übersäten Holzfußboden in Augenschein nehmen, der im ersten Moment allerdings den Blick auf das Wesentliche nahezu versperrte. Ein alter Fi/Ta-Hobeldielenboden hatte rund 15 Jahre in der liebevoll renovierten Bauernkate am Ufer der Weser gelegen. Der Abschliff der ca. 24 mm dicken und 11,5 mm breiten Dielen, die in der Feder auf eine Lagerkonstruktion genagelt waren, wurde im Zuge weiterer Malerarbeiten in dem Gebäude fällig.

Nachdem die Fußbodenarbeiten im Herbst des Vorjahres beendet waren, zeigte sich nach Ende der Heizperiode ein durchaus beachtenswertes Schadensbild. Die unregelmäßigen Fugen zwischen den einzelnen Dielen fielen sofort ins Auge. Teilweise waren die Dielen aber auch seitlich miteinander verklebt, und zwar derart, dass sich in der jeweiligen Nachbardiele viele mehr oder weniger langen Risse offenbarten. Der Gutachter dokumentierte die Erscheinungsbilder, die keineswegs weniger häufig als in seinem Beweisauftrag formuliert vorlagen. Die Risse waren etwa 1,0 mm breit und flächenunterschiedlich etwa 3 - 10 cm lang. Oftmals traten sie in Verbindung mit einer bis zu ca. 1,5 - 2,0-mm-Fuge auf, abgelöst von mehreren nahezu geschlossen nebeneinander liegenden Dielenelementen. Es zeigte sich ein eindeutiges Abrissfugenbild in der gesamten Fußbodenfläche.

Schadensfall
Das Salz war in der Versiegelung eingeschlossen. - © bwd

Was den Gutachter aber viel mehr stutzig machte, waren die zwischen einzelnen Dielen befindlichen weißen Flecken, die sich dort von der Versiegelung eingeschlossen zeigten. Sie traten gehäuft auf vor einer seitlichen Tür der Eingangsdiele, die über einen Plattenweg in den Garten des Fachwerkhauses führte. Aber auch in anderen, weiter hinten liegenden Bereichen der Räumlichkeiten fielen sie ins Auge. Bei seiner Vorbereitung hatte der Gutachter vermutet, dass sich hinter diesen Erscheinungsbildern Lackdehnungen im Kantenbereich der Hobeldielen oder auch alte Pflegewachsreste in den Längsstößen verbargen, aber ein genauerer Blick ließ erkennen, dass sich die Flecken fugenbreit und fest eingeschlossen tief zwischen den Hobeldielen in deren Zwischenräumen befanden, bisweilen mehr oder weniger punktförmig, vielfach sich aber auch über mehrere Zentimeter hinweg ausdehnend.

Schadensfall
Vor einer Tür in den Garten waren die Flecken besonders intensiv aufgetreten. - © bwd

Schadensursache

Der Gutachter hatte eine Vermutung, denn von solchen Erscheinungsbildern hatte er schon einmal gehört, gesehen hatte er sie in die Form aber noch nicht. Um zu Sicherheit zu gelangen, arbeitete er mit einem scharfen Teppichmesser zwei der Fleckenbereiche großzügig aus dem weichen Fichtenholz heraus. Mit makroskopischen Aufnahmen, die er anschließend in seinem Labor machte und mit einem anerkannten Institut abglich, kam er der Sache auf die Spur. Bei den weißlichen Erscheinungsbildern handelt es sich um im Lack eingeschlossene Streusalzreste. Die besondere Anhäufung vor der Außentür bekräftigte die Annahme, dass sich zum Zeitpunkt des Versiegelns, das in einem dreimaligen Wasserlackvollaufbau stattgefunden hatte, hereingetragenes Streusalz in den Fugen befand. Die Körnchen störten die Filmbildung der Dispersion und waren für die weißen Flecken verantwortlich.

Es waren also keineswegs Lackreste, sondern Streusalz, das das Erscheinungsbild störte, schrieb der Gutachter, der allerdings eine Verantwortung des Handwerkers verneinte, denn das Risiko in den Fugen befindlicher Salzreste ist nicht dem Auftragnehmer anzulasten. Der müsse deren mögliches Vorhandensein mit all seinen Folgen trotz aller notwendigen vorbereitenden Maßnahmen vor Beginn der Renovierungsarbeiten nicht kennen.

Schadensfall
Der Boden zeigte eine Vielzahl der beschriebenen Erscheinungsbilder. - © bwd

Allerdings galt das nicht für die Ausrisse und Abrissfugen, die durch einen dreifachen Wasserlackvollaufbau, aufgetragen jeweils mit der Rolle, begünstigt wurden. Zwar ist das Rücktrocknen und somit auch das Raumklima bei den vor Ort gemessenen Werten immer ein ganz entscheidender Einflussfaktor, wenn Abrissfugen auftreten, aber die Gründe dafür waren in diesem Fall laut Gutachter andere. Einen solchen Versiegelungsaufbau auf einem Dielenboden mit Lagerholzkonstruktion zu wählen, wäre keinesfalls fachgerecht. Die Tatsache, dass die Fugen mit 1,5 - 2,0 mm noch relativ gering ausfielen, würde dem nicht entgegenstehen. Das unregelmäßige Erscheinungsbild und vor allem die vielen herausgerissenen Holzfasern sprächen eine eindeutige Sprache. Darüber hinaus: Der Lackhersteller riet in seinem technischen Merkblatt mit einem deutlichen Hinweis von dem gewählten Aufbau ab .

Schadensbeseitigung

Der Gutachter überlegte, ob der Boden zu retten sei. Aber alle Ansätze, mit handwerklichem Geschick die gerissenen Fehlstellen zunächst punktuell zu sanieren, dann nochmals zu schleifen und anschließend mit spannungsarmen Oberflächenmaterialien zu behandeln, erschienen nicht nur unverhältnismäßig aufwendig. Der Boden musste nicht zuletzt wegen des Abrissfugenbildes raus und der alte Hobeldielenboden wurde durch neue Fichtendielen ersetzt .