Der interessante Schadensfall Wer nicht kontrolliert, verliert

Die nachstehend geschilderten zwei Schadensfälle haben eines gemeinsam: Sie hätten vermieden werden können, wenn der Parkettleger das Material vor dem Einbau geprüft hätte. Eine folgenschwere Nachlässigkeit, wie sich am Ende herausstellte.Im ersten Fall kamen im Zuge von Umbauarbeiten Massivparkettdielen Eiche vollflächig verklebt auf bestehende Estriche mit integrierter Bodenheizung zum Einsatz. Die 14 mm dicken und 170 mm breiten Elemente weisen verschiedene Längen auf, liegen ab Werk fertig geölt vor und sind im Schiffbodendessin ausgelegt. Insgesamt misst der neue Holzboden etwa 85 m2 und umfasst neben zwei Zimmern die Bereiche Wohnen/Essen/Küche und Eingang. Das Parkett wurde von den Wohnungseigentümern selber eingekauft und vom Parkettleger lediglich verlegt. Zuerst erfolgte der Einbau der Landhausdielen in den beiden Zimmern. Etwa ein Jahr später wurde der Wohnbereich renoviert und dazu das Massivholz verlegt. Im darauffolgenden Winter trocknete das Parkett, vor allem im Wohnbereich, stark ab, bekam breite Fugen und konkave Verformungen/Schüsselungen. Auch Hohlstellen entlang den Längsstößen waren feststellbar. Im zweiten Fall wurden in einem Objekt Versailles-Tafeln in Eiche vollflächig aufgeklebt, wobei die ca. 80 x 80 cm großen Verlegeelemente mehrschichtig aufgebaut sind. Das sichtbare Dessin besteht aus 7 mm dicken Eichenstäben/-würfeln und die Tafeln wurden werkversiegelt ausgeliefert. Die Mittellage des Parketts besteht aus HDF-Platten und der Gegenzug wiederum aus Eiche. Die Dessinelemente weisen rundum eine Nut-/Feder-Verbindung auf. Verschiedene Räume erhielten Würfelparkett, wobei diese Elemente auch eine Größe von 75 x 75 cm aufweisen und der Aufbau identisch zu den Versailles-Tafeln vorliegt. Insgesamt wurden über 200 m2 Versaille-Tafeln sowie etwa 40 m2 Würfeldessin verlegt. Auch diese Dessinparkette erzeugten im Winter übermäßige Fugenbildungen, Verformungen in den einzelnen Decklagenelementen bis hin zu großen Höhendifferenzen und Ablösungen einzelner Eichenteile. Dabei resultierten mechanische Brüche/Risse im HDF-Träger aus Überbelastungen, welche bei Kontrollöffnungen erkennbar wurden. Beurteilungsgrundlagen Nebst den SIA-Normen 253 „Bodenbeläge aus Holz“ sowie 118/253 „Allgemeine Bedingungen für Bodenbeläge aus Holz“ sind für die Beurteilung ebenso die EN 13489 „Holzfußböden – Mehrschichtparkettelemente“ sowie die EN 13629 „Holzfußböden – Massive Laubholz-Dielen“ zu berücksichtigen. Letztere werden zudem automatisch nach der Inkraftsetzung in Europa automatisch zu schweizerischen SIA Normen. Zusätzlich sind für die Schweiz gültige Beurteilungskriterien im ISP-Merkblatt Nr. 7 umschrieben, wobei dieses Merkblatt vor allem auf die Verlegung hinweist respektive das Erscheinungsbild danach und die EN vor allem der Produktion dienen. Bei der Beurteilung nach dem Einbau des Parketts dürfen vollflächig aufgeklebte Parkettböden mit seitlicher Nut-Kamm- oder Nut-Feder-Verbindung kleine Hohlstellen aufweisen, welche maximal 1/3 Elementlänge im größten Durchmesser aufweisen, und das Parkett darf in der Höhe nicht bewegbar sein sowie keine Geräusche erzeugen beim Begehen. Auch betreffend Höhendifferenzen/Überzähne sind Toleranzen von 0,2/0,3 mm aufgeführt. Weiter hat die Holzfeuchtigkeit für Fertigprodukte zum Zeitpunkt von Lieferung und Einbau des Parketts bei Massivparkett einen Wert von 7–11 % (Mittelwert 9 %) und die Decklagen bei Mehrschichtparkett von 5–9 % (Mittelwert 7 %) aufzuweisen. Schadensanalyse Recherchen, Laborprüfungen, Vermessungen und Berechnungen des Experten bestätigten die Vermutung, dass in beiden Fällen zu hohe Anfangsfeuchtigkeiten im Holz zum Zeitpunkt der Verlegung vorherrschten. Betreffend die massiven Landhausdielen in Fall 1 lag die Situation wie folgt vor: In zwei Zimmern wurde das Parkett unmittelbar nach der Lieferung eingebaut. Die Massivholzdielen für die übrige Fläche wurden im Keller gelagert. Messungen des Kellerraumes ergaben während der Heizperiode und Trockenwetterphase Raumluftfeuchtigkeiten von über 60 %. In der Wohnung jedoch herrschten Raumluftfeuchtigkeiten von ca. 35 % vor und die Bodentemperatur an der Oberfläche des Holzes betrug bei kalten Winterbedingungen ca. 25 °C. Proben aus dem Reservematerial, gelagert immer noch im Keller, ergaben im Labor Holzfeuchtigkeitswerte von 12-13 %, bei Breiten von 171,3–171,7 mm. Das im Wohnbereich verlegte Massivparkett mit den übermäßigen Verformungen wies Feuchtigkeiten von 8,4–8,8 % auf, bei Breiten von 169,7–170,1 mm. Das Material wurde also sach- und normgerecht geliefert und in der ersten Etappe eingebaut. Vor der zweiten Verlegung, etwa ein Jahr später, fehlte die Kontrolle der Holzfeuchte und das Parkett gelangte mit übermäßig hoher Ausgleichsfeuchtigkeit zum Einsatz. Das natürliche Austrocknen danach führte zu den großen Schwindspannungen mit Fugenbildungen, Schüsselungen sowie Ablösungen im Bereich der längs verlaufenden Nut-Kamm-Verbindungen. Ähnlich stellt sich auch die in Fall 2 geschilderte Situation dar. Zu hohe Anfangsfeuchtigkeiten herrschten auch in den dicken Decklagen des Versailles-Parketts vor. Reserveparkett, verschweißt in Plastikfolien, wiesen Decklagenfeuchtigkeiten von 12,1–14,8 % auf und die Mittellagen aus HDF ca. 10 %. Diese extrem hohen Werte stammten jedoch nicht aus einer unsachgemäßen Lagerung, sondern aus der Herstellung der Dessintafeln selber, d.h. das Parkett wurde mit diesen sehr hohen Anfangswerten konstruiert und ausgeliefert. Zusätzlich konnte festgestellt werden, dass gar keine HDF-Platte, sondern eine MDF-Platte als Träger eingesetzt wurde, welche immer eine geringere Festigkeit aufweist. Auch hier hätte die Materialkontrolle (Messen der Holzfeuchte in den Eichenteilen) als Pflicht des Parkettverlegers ausgereicht, um festzustellen, dass dieses Parkett in der Schweiz so nicht verlegt werden kann und darf. Der Handwerker ist nämlich verpflichtet, nicht nur die Estriche auf Eignung zu prüfen, sondern auch das zu verarbeitende Parkett genau zu kontrollieren. Dazu gehört nebst der Kalibrierung der Elemente eben auch das Messen der Holzfeuchtigkeit, auch dann, wenn er das Parkett nicht selber eingekauft hat. Für derartige Schäden, mit eindeutig zuzuordnender Fehlleistung, steht der Parkettverlegebetrieb in der Verantwortung. Schadensbehebung Sowohl die Massivholz-Landhausdielen wie auch die Mehrschicht-Dessinparkette mussten vollflächig ersetzt werden, da die Verformungen und die Ablösungen von Decklagen zu groß vorlagen, als dass örtliche Korrekturen möglich gewesen wären. Nebst dem riesigen Aufwand für das Demontieren des Parketts, Entsorgen der Holzelemente, Untergrundreinigen und Lieferung sowie Neuverlegung von Holzfußböden entstehen in der Regel weitere Zusatzkosten: Häuser oder Wohnungen leeren, Reinigen der Häuser oder Wohnungen am Ende der Sanierungsarbeiten sowie Maler-Retuschen an Wänden, da Beschädigungen nie ganz vermieden werden können. Die Zusatzkosten und Nebenaufwendungen können bei großen Objekten die effektive Schadenssumme des Parketts oft deutlich übersteigen, z.B. für den Aus- und Wiedereinbau einer unsinnigerweise auf das Parkett montierten Küche. Nur selten helfen Versicherungen, diese Situation zu entschärfen. Bernhard Lysser ist Experte ISP undMitglied von Swiss Experts, derschweizerischen Kammer technischer und wissenschaftlicher Gerichtsexperten.