Austrofloor Teil 2 Was tun bei Klebstoffauflösung?

Die letzte Austrofloor rückte Schadensfälle in den Mittelpunkt, die auf die Auflösung silanbasierter elastischer Klebstoffe zurückzuführen waren. Die Bundesinnung macht Druck auf die Hersteller.Silanbasierte elastische Klebstoffe lösen sich mitunter auf und verursachen so große Schäden. Diese fallen augenscheinlich erst einmal auf den Bodenleger zurück, da die zweijährige Frist für die Haftung der Hersteller schon abgelaufen ist. Um diesen ungerechten Zustand zu beheben, übt die Bundesinnung Druck auf die Hersteller aus. Weiterhin informiert sie die Bodenleger intensiv zu der Thematik, unter anderem in einem Vortrag von Bundesinnungsmeister Ing. Georg Mayrhofer. Innung kümmert sichDieser betonte, dass die Innung bereits seit Mitte 2015 an diesem sehr brisanten Thema dran ist. Begonnen hat alles mit einem Bericht in bwd, in dem die gehäuft auftretenden Schadensfälle bei Silan-Klebstoffen thematisiert wurde. Gemeinsam mit den Sachverständigen wurden die Ursache der Schäden gesucht und bei den Herstellern gefunden, die dann um Stellungnahme gebeten wurden. Die Antworten dazu waren sehr ausweichend. Hersteller will nicht haftenSo zog sich ein Hersteller auf den Rechtsstandpunkt zurück, dass seine Haftung nach der zweijährigen Periode abgelaufen sei. Er wäre jedoch dazu bereit, fünf (!) Gebinde eines anderen Klebers kostenfrei zu liefern – ohne die Schuld anzuerkennen. Die Hintergründe der problematischen Klebemittel erläuterte Gerd F. Hausmann, öffentlich bestellter und beeideter Sachverständiger aus Deutschland. Am falschen Ende gespartUm den Klebstoff billiger anbieten zu können, hatten einige Hersteller am sehr teuren Alterungsmittel gespart. Herausgekommen sind dann viele Schäden, die im Schnitt fünf bis acht Jahre nach der Verlegung auftraten und den Zeitraum von 2005 bis 2013 umfassen. Betroffen sind die Länder Deutschland, Österreich und Italien. Für die Schäden gibt es bereits eine Diplomarbeit von Sandra Dobbag, die interessante Details enthält. SchadensursacheWie der Bundesinnungsmeister, seines Zeichens selbst Sachverständiger, ausführte, konnte als Schadensursache ein Kohäsionsbruch in den Klebstoffen nachgewiesen werden. Das heißt, dass sich der Klebstoff entweder vollständig zu Pulver auflöst oder nur mehr einen schmierigen Film bildet, der keine Klebkraft mehr hat. Andere Ursachen wie zum Beispiel Verlegefehler (wie zu wenig Klebstoffauftrag) oder Ursachen aus dem Umfeld (Luftfeuchtigkeit, Restfeuchte im Untergrund, Temperaturschwankungen) konnten ebenso ausgeschlossen werden wie auch keine Verformungen oder Dimensionsänderungen bei den einzelnen Parkettelementen festgestellt werden konnten; somit blieb nur mehr der Klebstoff an sich als Schadensursache übrig. Auch Großprojekte betroffenDie Fälle dabei reichen vom Einzelzimmer bis hin zu einem Großobjekt in Berlin mit 38.000 Quadratmeter betroffener Fläche, die komplett ausgetauscht werden muss. Aber wie ist die Situation für den Bodenleger aus rechtlicher Sicht zu beurteilen, der als Erstes vom Kunden zur Schadensbehebung herangezogen wird? Rechtshilfe durch die InnungZur Klärung der daraus resultierenden Rechtsfragen hat sich die Bundesinnung mit Dr. Walter Löbl einen anerkannten Experten zum Thema Baurecht dazugeholt, der bei der Austrofloor seine Expertise dazu darlegte. In seinem Vortrag „Haftungsprobleme bei Haftungsproblemen“ führte er aus, dass der Klebstofflieferant nur zwei Jahre Gewährleistungshaftung hat. Der Verleger für den verklebten Parkettboden drei Jahre Gewährleistung. Eine Haftung aus dem Thema „Schadensersatz“ ist nur bei einem nachgewiesenen Verschulden möglich, was in der Praxis sehr schwierig ist. Klage gegen Klebstofflieferanten?Aus Sicht des Rechtsexperten wäre es ein Ansatz, im Schadensfall eine Klage gegen den Klebstofflieferanten anzustreben. Diese sollte die vollständigen Folgeschäden betreffen: Entfernen und Neuerstellen des Parkettbodens, Montage der Möbel und Ersatzquartier im Hotel. Diese Klage ist zwar nur mit einem Selbstbehalt von 500 Euro möglich und muss innerhalb von zehn Jahren ab der Inverkehrbringung (oder dem Import) des Klebstoffes erfolgen. Trotzdem rät Löbl den Verlegern: „Ein solcher Prozess ist durchaus anzustreben, da er sehr aussichtsreich ist! Alternativ könnten die Verleger beziehungsweise die Innung vom Klebstofflieferanten eine Haftungserklärung samt Gerichtsstand Österreich verlangen.“ LieferantenstresstestZum Abschluss berichtete Ing. Georg Mayrhofer über die erledigten und offenen Fälle zu diesem Thema, die er für ganz Österreich gesammelt hat. So sind sechs Fälle mit Hilfe der Innung bereits in Kulanz erledigt und noch neun offen, die die Jahre 2015 und 2016 betreffen. Nach seiner Umfrage bei den Sachverständigenkollegen sind weitere acht Fälle ohne Innungsbeteiligung gelöst. Die Innung ist nun aktiv auf der Suche nach einem betroffenen Konsumenten, der mit Hilfe der Innung eine Musterklage gegen den Klebstoffhersteller einbringen wird. Nach dem Prozess wird je nach Ausgang eine Gesamteinigung sicher leichter. Nach einer längeren Diskussion waren sich die Austrofloor-Besucher einig, dass diese Vorgehensweise eine breite Zustimmung finden wird. bwd wird über dieses brisante Thema weiter aktuell berichten. Thomas Mayrhofer Für den Kunden vorgesorgt!Walter Gaßner: „Wir stehen zu unseren Kunden, auch und gerade bei Problemen.“ Bild: MurexinDie Alterungsstabilität elastischer Klebstoffe war ein emotional aufgeladenes Thema beim Fachkongress für Anwendungstechnik „Austrofloor“ am 4. November 2016 in Wien. Schlagworte wie „Lebensdauer nur fünf Jahre?“, „verdeckter Produktmangel“ oder „Verjährungsfrist“ begleiteten die Berichte um sich lösende Klebstoffe. Im Fachkommentar erläutert Walter Gaßner, Beschwerdemanagement Murexin, die Sichtweise der Industrie und deren Maßnahmen zur Unterstützung des Gewerbes. Walter Gaßner: „Auch wenn wir selbst nicht von diesen Vorkommnissen betroffen sind, beschäftigen wir uns mit der Problematik. Seit 2006 produzieren wir Parkettklebstoffe auf Basis silanterminierter Prepolymere und setzen dabei von Beginn an auf den Einsatz hochwertiger und hochpreisiger Additive, die den Alterungsschutz der Klebstoffe gewährleisten. Um jeden möglichen Fall abzudecken, hat Murexin bereits seit ihrem Bestehen eine freiwillige Betriebshaftpflichtversicherung mit einer zusätzlichen ‚erweiterten Produktehaftpflichtversicherung‘ abgeschlossen. Damit ist sichergestellt, dass im etwaigen produktverursachten Schadensfall unsere Kunden unsere volle Unterstützung erhalten und nicht sprichwörtlich im Regen stehen gelassen werden.“