Der interessante Schadensfall aus Österreich Geruchsprobleme mit einem Gummibelag Sechs entscheidende Fragen an den Sachverständigen

In einer Schule kam es in den letzten Jahren jeweils rund fünf Wochen nach Schulbeginn zu Geruchsbelästigungen in den Klassenzimmern.Sechs entscheidende Fragen an den Sachverständigen Um der Problematik auf den Grund zu gehen, wurde ein Sachverständiger für Bodenbeläge bestellt. Zur Klärung der Geruchsursache wurden diesem folgende Fragen zur Beantwortung vorgelegt: E Ist der vorhandene Fußboden für eine Schule geeignet und besteht eine Gesundheitsgefährdung? E Sind die Reinigungsmittel, die zur Reinigung des Fußbodens verwendet werden, für diesen Boden geeignet? E Welche Luftschadstoffe können bei der Verwendung der bisher eingesetzten Reinigungsmittel bei der Reinigung dieses Fußbodens ermittelt werden und in welcher Konzentration können sie in den Klassenzimmern auftreten? E Ist durch eventuell emtierte Luftschadstoffe eine Geruchsbelästigung gegeben? E Ist durch eventuell emittierte Luftschadstoffe eine Gesundheitsgefährdung gegeben? E Welche Möglichkeiten gibt es, wenn eine Belästigung vorhanden sein sollte, sie zu beseitigen, ohne den Boden entfernen zu müssen? 1. Befundaufnahme Der Sachverständige stellte folgenden Fußbodenaufbau fest: Zementestrich, Klebstoffschichte, Bodenbelag. Beim Bodenbelag handelt es sich einmal um einen heterogenen Gummibelag in Platten, verlegt in Klassenzimmern im Erdgeschoß und im 1. Obergeschoß in den Farben Grün und Grau. An der Oberfläche des grünen Gummibelages sind die hellen Stellen der Marmorierung wie bei ausgewaschenem Holz bis zu 1 Millimeter vertieft. Der graue Gummibelag weist auf der Oberfläche krakeleeartige Risse auf. Der Gummibelag wurde vor über 20 Jahren verlegt. Ein genaues Datum konnte nicht mehr eruiert werden. Im Erdgeschoß sind Räume mit PVC-Flex-Vinylbelag 2 Millimeter, mit PVC-Homogenpreßbelag und mit PVC-Homogenkalanderbelag verlegt. Die Weich-PVC-Beläge sind verschweißt. Diese Beläge wurden im Zuge von Renovierungsarbeiten in den letzten 10 Jahren verlegt. Alle Bodenbelagoberflächen sind mit einer metallicvernetzten Polymerdispersion beschichtet. Laut Angabe des Schulwartes werden in den Hauptferien im Sommer alle Bodenbelagflächen grundgereinigt und eingepflegt. Die verwendeten Reinigungs- und Plegemittel sind Markenartikel eines der größten Hersteller in Europa. Ihre Zusammensetzung und ihre Eigenschaften sind im Gutachten des Reinigungssachverständigen beschrieben und beurteilt. Bei der Befundaufnahme wurde im Raum 8 und im Gang davor unmittelbar vor der Befundaufnahme grundgereinigt. Die Oberfläche des Bodenbelages war bereits trocken. Rund 25 Prozent der Platten waren an den Kanten hochgewölbt. Im Kantenbereich konnte der Belag leicht hochgenommen werden. Dabei sind folgende Feststellungen getroffen worden: E die Gummiplatten haben den Großteil ihres elastischen Verhaltens verloren und zerbrechen leicht; E die Verklebung im Randbereich der Platten hat kein adhäsives Verhalten mehr, da der Kleber in diesem Bereich (ca. 5 cm) zerstört ist; E die Reinigungsflotte dringt daher unter die Platten. Es konnte eine erhebliche Menge an Reinigungsflotte unter den Platten festgestellt werden. Im Raum 8 wurde von sechs Personen eine Geruchsbeurteilung vorgenommen, wobei vier Personen die Geruchsintensität als stark empfanden und zwei als mittel. In den Räumen mit PVC-Bodenbelägen konnten keine besonderen Gerüche festgestellt werden. In den Räumen mit Gummibelägen, die noch nicht grundgereinigt waren, konnte ein typischer Gummigeruch mit einer schwachen Intensität festgestellt werden. In den Direktionsräumen überlagerte z.B. der Druckereigeruch der dort lagernden neuen Schulbücher den Gummigeruch. Der Schulwart gibt an, daß eine Geruchsbelästigung verstärkt mit Beginn der Heizperiode auftritt und dann allmählich schwächer wird. Auch in seiner Wohnung war diese Geruchsbelästigung vorhanden. Seit er jedoch auf den Gummibelag einen Teppichboden verlegt hat, ist die Geruchsbelästigung nicht mehr feststellbar. 2. Gutachten Um den Sachverhalt beurteilen zu können, sind die Vorschriften der Hersteller, die Regeln der Technik, die Zusammensetzung und Wirkung der eingesetzten Mittel und die einschlägigen Normen heranzuziehen. Die Zusammensetzung der Reinigungs- und Pflegemittel, ihre Eigenschaften und ihre Auswirkungen sind im Detail im Gutachten des Sachverständigen für Reinigungsfragen beschrieben. Ist der vorhandene Fußboden für eine Schule geeignet und besteht eine Gesundheitsgefährdung? Grundsätzlich sind alle in dieser Schule eingesetzten Bodenbeläge für eine Schule geeignet. Der Gebrauchsnutzen des Gummibelages ist aufgrund seines Alters und Zustandes (rauhe und rissige Oberfläche) nur eingeschränkt gegeben. Eine unmittelbare Gesundheitsgefährdung ist nicht erkennbar. Bei hochstehenden Kanten und Blasen besteht allerdings eine Stolpergefahr. Sind die Reinigungsmittel, die zur Reinigung des Fußbodens verwendet werden, für diesen Boden geeignet? Die eingesetzten Reinigungsmittel sind Markenartikel eines internationalen Konzerns und werden auf Millionen Quadratmetern Bodenbelagflächen ohne Probleme eingesetzt. Sie sind daher auch für die Bodenbelagflächen dieser Schule geeignet. Welche Luftschadstoffe können bei der Verwendung der bisher eingesetzten Reinigungsmittel bei der Reinigung dieses Fußbodens ermittelt werden und in welcher Konzentration können sie in den Klassenzimmern auftreten? An Luftschadstoffen werden bei den eingesetzten Mitteln Ammoniak, Lösungsmittel (Alkohol, Glykole) abgegeben. Darüber hinaus werden auch Duftstoffe an die Luft abgegeben. Die Konzentration ist von der eingesetzten Menge abhängig. Die höchste Menge ist unmittelbar bei der Verwendung gegeben. Da dieses Mittel europaweit im Einsatz ist, wäre eine Gesundheitsgefährdung von den zuständigen Arbeitsinspektoraten, Berufsgenossenschaften etc. längst beanstandet worden. Das Reinigungspersonal bemängelte den Geruch bei der Arbeit nicht. Die Verdunstung ist nach spätestens 48 Stunden abgeschlossen. Durch die rauhe Oberfläche des Gummibelages, in die die Mittel eindringen, kommt es sicher zu einer verzögerten Verdunstung. Sie ist jedenfalls nach einigen Tagen abgeschlossen. Durch die Fugen der Platten und der nicht mehr ausreichenden Verklebung im Kantenbereich dringen die eingesetzten Reinigungs- und Pflegemittel zwischen Belag und Untergrund ein. Da die Verdunstung nur über die Fugenbreite erfolgen kann, dauert es relativ lange (einige Wochen), bis die Flüssigkeit aus diesem Bereich wieder verschwindet. Der Beginn der Heizperiode ergibt durch den Wärmeschub von unten eine schnellere Verdunstung. Dadurch treten mit hoher Wahrscheinlichkeit verstärkt Gerüche auf. Dies wird durch die Aussage des Schulwarts untermauert. In seiner Wohnung treten nach der Verlegung eines Teppichbodens keine störenden Gerüche mehr auf. Ist durch eventuell emittierte Luftschadstoffe eine Geruchsbelästigung gegeben? Durch den leichten Gummigeruch, der bedingt ist durch die Verwendung von Naturlatex bei der Produktion und dem Alter des Bodenbelages und den verdunsteten Reinigungs- und Plegemitteln kann eine Geruchsbelästigung entstehen. Ist durch eventuell emittierte Luftschadstoffe eine Gesundheitsgefährdung gegeben? Diese Frage kann nur bedingt vom Sachverständigen für Bodenbeläge beantwortet werden. Grundsätzlich ist die verdunstete Menge an Reizstoffen gering. Empfindliche Menschen können diese Gerüche als Belästigung empfinden. Bei der unmittelbaren Arbeit während der Grundreinigung ist eine vielfache Konzentration in der Luft vorhanden. Welche Möglichkeiten gibt es, wenn eine Belästigung vorhanden sein sollte, sie zu beseitigen, ohne den Boden entfernen zu müssen? Aufgrund der besonderen Situation des Bodenbelages (rauhe Oberfläche, schlecht klebende Kanten) sollte ein Plege- und Reinigungsmittel mit möglichst geringen flüchtigen Stoffen eingesetzt werden. Am Markt werden auch Grundreinigungsmittel ohne Salmiak und Lösungsmittel angeboten. Die Wirkungsweise auf die zu entfernende Polymerschichte muß allerdings vorher geprüft werden. Auch der Anteil der Duftstoffe sollte möglichst gering sein, denn durch das Vermischen mit anderen vorhandenen Gerüchen kann eine oft als unangenehm empfundene Duftkombination entstehen. Zusammenfassend kann ausgesagt werden, daß die Ursache der Geruchsbelästigung am Beginn der Heizperiode der alte abgenutzte Gummibelag ist.