Der interessante Schadensfall Ein Referat von Heinz-Dieter Altmann Risse in Parkett und Estrich

Das Zusammenspiel von Raumklima, Fußbodenaufbau und Parkett muss funktionieren. Selbst fachgerechte handwerkliche Arbeit und technisch geeignetes Material können Schäden sonst nicht verhindern.Risse in Parkett und Estrich Wenn sich Extreme treffen, können sie sich zu einem beträchtlichen Schaden aufschaukeln, wie Diplom-Chemiker Heinz-Dieter Altmann auf der Jahrestagung des Bundesverbandes Estrich und Belag (BEB) in Linstow an einem Praxisfall erläuterte. In einem Restaurationsbetrieb in einer mitteldeutschen Großstadt zeigte ein Parkettfußboden bereits wenige Wochen nach seiner Fertigstellung Rissbildungen. Zunächst wurde ein Parkettsachverständiger mit der Ursachenermittlung beauftragt. Dieser stellte fest, dass sich die monierten Risse im Hochkantlamellenboden bis in den darunter liegenden Estrich fortsetzten. Daher zog er einen Estrichsachverständigen hinzu. Zunächst ließen sich die Experten den geplanten Fußbodenaufbau vorlegen. Es handelte sich um zwei unterschiedliche Flächenbereiche, in dem der Parkettboden auf einer Bühne schadhaft war, während die eigentliche Saalfläche schadensfrei vorlag. Der Aufbau des Bodens auf der Bühne war wie folgt geplant: e Betondecke, e Trittschalldämmung PST 22/20, e Abdeckung, e Zementestrich d=50 Millimeter Dicke, Festigkeitsklasse ZE 20, e Parkett Eiche (Hochkantlamelle b=20 Millimeter, h=18 Millimeter). Aufgrund der zu erwartenden Verkehrslast von 5 kN/m2 wurde auf Vorschlag des Estrichlegers die Dicke des ursprünglich vereinbarten ZE-20-Estrichs auf 65 Millimeter erhöht. Diese Maßnahme erfolgte im November 2001, die Verlegung des Parketts (Restfeuchte 1,8 CM-Prozent laut von der Bauleitung bestätigtem Messprotokoll) im Juni des folgenden Jahres. Daran anschließend im Juli die Oberflächenbehandlung mit einem offenporigen Parkettöl. Bereits Mitte August traf die Schadensmeldung beim Auftragnehmer ein. Folgendes Bild offenbarte sich den Sachverständigen: Das Parkett zeigte deutlich sichtbare Rissbildungen. Der Haftverbund zwischen dem Parkett und dem Estrich war durch den eingesetzten Pulverkleber sehr ausgeprägt. Die Randstreifen zeigten sich erheblich zusammengedrückt, die Wandabstände des Oberbelags betrugen etwa zwei bis drei Millimeter. Die Risse im Estrich klafften parallel zum verlegten Parkett im Abstand von 50 bis 70 Millimeter mit Rissbreiten von etwa vier Millimetern auseinander. Zur Überprüfung des Schadensbildes untersuchten die Sachverständigen den vorliegenden Fußbodenaufbau: e Betondecke, e Trittschalldämmung, e Abdeckung Bitumenpapier, e Randstreifen, e Zementestrich d=70 Millimeter, e Grundierung des Estrichs mit einer Dispersion, e Verklebung des Parketts mit einem Pulverkleber, e Parkett Eiche (Hochlkantlamelle b=20 Millimeter, h=18 Millimeter), e Oberflächenbehandlung des Parketts mit einem Parkettöl. Die Ausführung der Arbeiten folgte demnach exakt dem vorgegebenen Aufbau. Eine Bestätigungsprüfung des Estrichs ergab bei einer Biegezugfestigkeit von 3,1 N/mm2 sogar Festigkeiten eines ZE-30-Estrichs, die noch vorhandene Restfeuchte wurde mit 1,5 CM-Prozent ermittelt. Zunächst ratlos Da sich aufgrund dieser vorgefundenen Werte keine weiteren Erkenntnisse ergaben, begann man mit der Suche anderer Einflussgrößen. Da das Gebäude in unmittelbarer Nähe zur Elbe stand, deren extremes Hochwasser im Sommer 2002 (Verlegung im Juni und Juli) eine verheerende Flutwelle verursachte, waren die Luftfeuchten im umgebenden Außenbereich zwangsläufig außergewöhnlich hoch. Die Klimaanlage des Gebäudes war jedoch unmittelbar vor diesem Ereignis zum Zwecke des Leistungsnachweises auf Volllast gefahren worden, wie die Experten aus den vorgelegten Aufzeichnungen ablesen konnten. Dadurch war ein extrem trockenes Klima mit Werten von 30 bis 35 Prozent relativer Luftfeuchtigkeit im Gebäude entstanden, dem sich unmittelbar danach witterungsbedingte Raumluft-Auffeuchtungen auf bis zu 90 Prozent anschlossen (siehe Tabelle Witterungsbedingungen im Schadenszeitraum). Dieser extreme Anstieg bewirkte eine sehr schnelle Feuchteaufnahme des Holzes, die zwangsläufig mit einem entstehenden Quelldruck des Parketts und einer entsprechenden Zugbeanspruchung des Estrichs einherging. Dementsprechend wurde anhand von theoretischen Überlegungen geprüft, welche Kräfte auf die Bodenfläche eingewirkt haben mussten. Die heranzuziehende Größe war die auftretende Zugspannung im Estrich. Diese Zahlen sind in der Estrichliteratur nicht hinterlegt, sondern nur in Büchern über Beton zu finden. Nach einer Faustregel erreicht die Zugfestigkeit etwa 10 Prozent der Druckfestigkeit des Betons. Eine wichtige Kenngröße ist in diesem Zusammenhang die Spaltzugfestigkeit des Betons, also der Widerstand, den der Beton einer Spaltung entgegensetzt. Bei Biegezugfestigkeiten von etwa 3 N/mm2 beträgt die Spaltzugfestigkeit etwa 1,2 bis 2,3 N/mm2 (wie sich aus einer Quelle: Betonbau – Röhling/Eifert/Kaden, ergibt). Nach der DIN 1045 – Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton – beträgt die zentrische Zugfestigkeit etwa 90 Prozent der oben erwähnten Spaltzugfestigkeit. Ausgehend davon, dass das Porenvolumen bei Beton lediglich ein bis zwei Prozent, bei einem Zementestrich jedoch zirka 10 bis 20 Prozent beträgt, setzten die Sachverständigen den ungünstigsten Wert der Spaltzugfestigkeit von Beton mit 1,2 N/mm2 an. Daraus ergibt sich für die zentrische Zugfestigkeit des Zementestrichs 1,2 N/mm2 mal 0,9 ist gleich 1,08 N/mm2. Nach dieser rechnerischen Betrachtung lautete die nächste Frage: Welche Kräfte kann eigentlich das Holz aufbringen? In einer von ’bwd‘ initiierten Diplomarbeit über den Einfluss plastischer Verformungen auf die Fugenbildung von zehn Millimeter Massivparkett stellten Simone Kox und Dr. Andreas Rapp fest, dass die Geschwindigkeit der Feuchteaufnahme des Holzes eine ganz entscheidende Größe für das Ausmaß des entstehenden Quelldrucks ist. Am Beispiel von zehn Millimeter Buchenparkett und entsprechend dicken Eichenstäben wurden die Quelldruckentwicklungen in Abhängigkeit von der Zeit gemessen und ergaben für die Eiche bei einer Ausgangsfeuchte von 8,2 Prozent nach fünf Tagen eine maximale Quelldruckspannung von 2,4 N/mm2, gemessen bei einer 11,1-prozentigen Holzfeuchte. Die Ursache In einer Veröffentlichung von Dr. Andreas Rapp in ’bwd‘ 2/94 wurde der Einfluss verschiedener Oberflächenbehandlungsmaßnahmen auf das Feuchteaufnahmeverhalten des Holzes gegenübergestellt. Es ergab sich für Eichenholz ein infolge der offenporig geölten Oberfläche außerordentlich geringer Diffusionswiderstand gegenüber einwirkender Luftfeuchte im Gegensatz zu ölkunstharz- oder wasserlackbehandelten Oberflächen. Die gerade bei der Eiche sehr auffälligen Unterschiede wurden insbesondere mit dem spezifischen Aufnahmeverhalten von Ölen erklärt, das bei einer Eiche weniger ausgeprägt ist als bei der Buche, bei der sich wegen des vergleichsweise tiefen Eindringens relativ schnell eine entsprechende Hydrophobierung einstellt. Die Sachverständigen hatten jetzt die maßgeblichen Einflussgrößen auf die Schäden am Parkett- und Estrichboden ausgemacht. Eindeutig hatten die raumklimatischen Bedingungen die vom Parkett in den Estrich durchgehenden Risse verursacht. Durch die extreme Belastung sehr kurzzeitig einwirkender Raumluftfeuchteänderungen wurden im Parkett Kräfte wirksam, die vom Estrich nicht schadensfrei aufgenommen werden konnten. Die Quelldruckspannung des Holzes betrug nahezu das zwei- bis dreifache der zentrischen Zugspannung des Zementestrichs, Kräfte übrigens, die auch von einem dickeren Estrich nicht hätten aufgefangen werden können, insbesondere dann nicht, wenn die Feuchtewechsel so intensiv erfolgten. Begünstigt wurde der eingetretene Schaden durch die wenig diffusionshemmende Oberflächenbehandlung des Parketts und die sehr harte Einstellung des Pulverklebers. Dadurch bauten sich sehr schnell Spannungsspitzen auf, die unmittelbar und direkt in den Estrich eingeleitet wurden. Aus diesen Erkenntnissen ergaben sich folgende Empfehlungen zur Schadensvermeidung: e Verklebung des Parketts mit weichen, schubelastischen Klebstoffen, e Versiegelung des Parketts statt Ölen, e Schaffung holzgerechter (bauklimatischer) Nutzungsbedingungen. Die Frage, warum im eigentlichen Saal trotz ebenfalls nicht geeigneter Nutzungsbedingungen keine analogen Schäden festgestellt wurden, konnte ebenfalls beantwortet werden. Wegen eines vor der Verlegung geringfügig zu feuchten Estrichs (etwa 2,2 CM-Prozent) nahmen die Handwerker vor der Parkettverlegung einen Epoxidharzvoranstrich vor. Dieser bewirkte eine Verdichtung der oberen Estrichrandzone und behinderte die direkte Einleitung der Holzkräfte in den Untergrund.