bwd im Gespräch Victor Orendovici, Assekuranzmakler bei Büchner Barella, über die Mitversicherung von Nachbesserungsbegleitschäden - Regressversuche laufen ins Leere"> bwd im Gespräch Victor Orendovici, Assekuranzmakler bei Büchner Barella, über die Mitversicherung von Nachbesserungsbegleitschäden Regressversuche laufen ins Leere

Bei unverschuldeten Produktmängeln trägt der Handwerker die Kosten für den Belagaustausch. Kann eine erweitere Haftpflichtversicherung des Herstellers oder Großhändlers Abhilfe schaffen? bwd fragte Assekuranzmakler Victor Orendovici.

Regressversuche laufen ins Leere

bwd Herr Orendovici, können Sie kurz die Situation für den Handwerker schildern ?

Orendovoci Im Falle eines Werkmangels hat der Besteller beziehungsweise der Bauherr gegenüber dem Handwerker unter anderem das Recht auf Nacherfüllung. Die Kosten der Nacherfüllung hat dabei vollumfänglich der Handwerker zu tragen. Zu diesen Kosten zählen auch die Ausbaukosten mangelhafter Baumaterialien sowie die Einbaukosten der mangelfreien Materialien. Die Übernahme der Kosten schuldet der Handwerker sozusagen verschuldensunabhängig. Das Vorliegen eines Mangels an seiner Werkleistung reicht aus.

bwd Und was ist mit dem Regress dieser Kosten beim Verkäufer des Bodenbelages?

Orendovoci Genau hier liegt dasDilemma des Handwerkers. Der Verkäufer beispielsweise eines mangelhaften Bodenbelages schuldet im Sinne der Sachmangelhaftung zunächst nur die Neulieferung mangelfreier Erzeugnisse.

»Die Übernahme der Kosten schuldet der Handwerker unabhängig vom Verschulden.«

Die Übernahme der im Zuge der Nacherfüllung angefallenen Aus- und Einbaukosten schuldet der Verkäufer jedoch nur dann, wenn der Werkunternehmer ihm ein Verschulden nachweisen kann. Ist der Verkäufer jedoch Händler, wird sich ein mögliches Verschulden fast ausschließlich auf einen möglichen Beratungsfehler beschränken.

»Aus unserer Sicht gibt es jedenfalls keinerlei monetäre Hinderungsgründe.«

Für nicht erkennbare Fabrikationsfehler der verkauften Waren wird dem Händler kein Verschulden nachweisbar sein. Insofern läuft der Handwerker an dieser Stelle mit dem Regressversuch der angefallenen Aus- und Einbaukosten ins Leere.

bwd Gibt es denn keine Versicherungsmöglichkeit für den Bodenbelagsgroßhändler?

Orendovoci Auf dem Papier schon. In der Praxis wird sie aber nicht dazu führen, dass der Regressanspruch des Handwerkers befriedigt wird. Hintergrund hierfür ist, dass viele Händler zwar eine Versicherungslösung für Aus- und Einbaukosten abgeschlossen haben. Diese zahlt aber eben nur dann, wenn der Verkäufer auf gesetzlicher Basis dafür haftbar gemacht werden kann, ihn also ein Verschulden trifft. Genau dies ist in aller Regel aber gerade nicht der Fall.

bwd Kann sich der Handwerker dann nicht direkt mit dem Hersteller in Verbindung setzen und dort seinen Regress geltend machen?

Orendovoci Der Versuch schadet sicherlich nicht, aber Fakt ist, dass in unserem Beispiel zwischen Handwerker und Hersteller kein Kaufvertrag existiert. Im Hinblick auf diese fehlende vertragliche Beziehung ist ein Regress der Aus- und Einbaukosten so gut wie unmöglich.

bwd Welche Lösungsansätze sind aus Ihrer Sicht denkbar?

Orendovoci Der Handwerker selbst sollte den Fokus zunächst einmal auf die richtige Auskleidung seiner eigenen Betriebshaftpflicht-Versicherung legen. So sehen zum Beispiel Deckungskonzepte unseres Hauses die Mitversicherung reiner Nachbesserungsbegleitschäden vor.

»Bei Gewährleistungsfristen ist sorgsam darauf zu achten, dass kein zeitliches Delta zu Lasten des Handwerkers entsteht.«

Ein wichtiger weiterer Schritt wäre aber auch, dass Hersteller den Handel von Ansprüchen der Handwerker aus Produkthaftung freistellen. Im Idealfall würde dies zu einer Art „Kaufvertragsfiktion“ zwischen Handwerker und Hersteller führen und den Regress der Aus- und Einbaukosten um ein Vielfaches erleichtern.

bwd Wird denn dieses Procedere nicht dazu führen, dass die Produkthaftpflicht-Versicherung des Herstellers teuer wird?

Orendovoci Definitiv nicht. Die Hersteller unterhalten in aller Regel eine sogenannte „erweiterte Produktehaftpflicht“ und zahlen aus ihrem konsolidierten Außenumsatz die Versicherungsprämie. Hierbei wird nicht unterschieden, welche Umsätze der Hersteller mit Händlern und welche Umsätze er ggf. mit Werkunternehmern direkt tätigt.

»Für nicht erkennbare Fabrikationsfehler der verkauften Waren wird dem Händler kein Verschulden nachweisbar sein.«

Aus unserer Sicht gibt es jedenfalls keinerlei monetäre Hinderungsgründe, die gegen eine solche Haftungsfreistellungserklärung sprechen. Letztendlich hat ja auch der Hersteller hohes unternehmerisches Interesse daran, dass seine Produkte über den Handel gut verkäuflich sind.

bwd Sehen Sie weitere Fallstricke für den Handwerker?

Orendovoci Hier wäre primär an das Thema der Gewährleistungsfristen zu denken. Hintergrund ist, dass die Gewährleistungsfrist des Handwerkers mit Abnahme seines Gewerkes beginnt, die gesetzliche Gewährleistung des Herstellers jedoch mit Übergabe der Sache an den Weiter-Verkäufer beginnt. Liegt jetzt das Material etwas länger im Lager des Handels oder handelt es sich um ein zeitintensiveres Bauvorhaben, tickt bereits die Verjährungsuhr des Herstellers, während die des Handwerkers ja noch nicht einmal auf null gestellt ist. Hier ist sorgsam darauf zu achten, dass kein zeitliches Delta zu Lasten des Handwerkers entsteht.

bwd Ist die Fußbodenbranche besonders risikobehaftet oder gibt es Branchen, in denen das Risiko noch höher ist?

Orendovoci Hoch risikobehaftet sind alle Branchen, die kostenintensiv hinsichtlich Aus- und Einbau von Baumaterialien sind. Denken Sie bitte in diesem Zusammenhang auch daran, dass zu einem Aus- und Einbau im Bereich von Fußbodenbelägen oftmals zeitraubende und damit teure Vorarbeiten zu leisten sind, wie der Abbau von Möbel usw.

bwd Herr Orendovici, vielen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte bwd-Redakteur Stefan Heinze.