Belegreifheizen ist nicht Funktionsheizen Feuchtigkeit raus, aber langsam

Wenn nach der Parkettverlegung noch Restfeuchte im beheizten Estrich vermutet wird, kann's kritisch werden. Besonders dann, wenn man Funktionsheizen und Belegreifheizen in einen Topf wirft.Mehr als zwölf Prozent Holzfeuchte zeigte die elektrische Messung.Feuchtigkeit raus, aber langsam Bereits kurze Zeit nach Verlegung des Mehrschichtparketts war es zu Auffälligkeiten gekommen. Einige der Decklagen der weißgeölten Eichenlandhausdielen wölbten sich auf. Die Randbereiche des Wohnzimmerfußbodens lagen komplett hohl, dort gaben die Elemente bei Belastung deutlich erkennbar nach. Schadensbild Die gesamte Fläche lag unter erheblichem Pressdruck vor, die mit Kork versehenen Dehnungsfugen in den Übergangsbereichen waren auf wenige Millimeter komprimiert, in einem Bereich war die Wanddehnungsfuge schon fast geschlossen. Der herbeigeholte Verleger hatte die Holzfeuchte elektrisch gemessen und kam auf Werte von etwas über zwölf Prozent Holzfeuchte. Er rammte seine Elektroden Stück für Stück tiefer ins Holz und konnte auf diese Weise zumindest einen tendenziellen Feuchteeinfluss von der Unterseite vermuten, denn die Werte stiegen an, wenn auch nur minimal. Ganz sicher konnte er sich auf diese Weise allerdings nicht sein. Trotzdem teilte er dem Bauherren mit, dass er befürchte, es sei noch Feuchtigkeit im Estrich vorhanden. Unklar war insbesondere, wie sich die Angelegenheit weiterentwickeln würde, denn im Moment schien noch alles zu funktionieren. Es war jedoch zu befürchten, dass der komplette Fußboden wieder entfernt werden muss. Die Restfeuchte im Estrich musste ja auf irgendeine Weise heraus und die Heizperiode stand vor der Tür. Ein Gutachter sollte deshalb eine Handlungsempfehlung ausarbeiten. Beim Ortstermin bestätigten sich die Befürchtungen, dass der Parkettboden unterseitig eine höhere Feuchtigkeit als im oberen Bereich aufwies. Nach Aufnahme von Dielenelementen ergab sich aufgrund elektrischer Messungen eine Spanne der Ergebnisse von etwa 12,8 Prozent bis 13,0 Prozent an der Unterseite und 10,5 Prozent bis 11,0 Prozent an der Oberseite. Orientierende elektrische Messungen der Feuchtigkeit des Estrichs ergaben ebenfalls Hinweise darauf, dass der Estrich noch nicht vollkommen trocken und verlegereif war. Ein unausgepacktes Paket wies demgegenüber normgerechte Holzfeuchten auf. Der Gutachter bat um die Heizprotokolle, stutzte aber, als man ihm nur ein einziges Blatt Papier mit wenigen Aufzeichnungen überreichte. Darin war eine kurze Aufheizphase dokumentiert. Es handelte sich eindeutig um das Funktionsheizprotokoll, das das Funktionieren der Heizung abfragte, aber keineswegs die Feststellung der Belegreife ersetzt. Das Dokument, das die Belegreife protokollieren sollte, war offensichtlich nicht vorhanden. Dem Gutachter wurde jetzt klar, wie es zu dem Schaden gekommen war. Schadensanalyse Der Verleger hatte mündlich Bedenken angemeldet, weil ihm Folienprüfungen unmittelbar vor dem geplanten Beginn der Verlegung gezeigt hatten, dass noch Restfeuchte im Estrich vorhanden war. Das geschah etwa sechs Wochen nach Einbringen des Zementunterbodens. Das Funktionsheizen hatte mittlerweile stattgefunden. Der gewissenhafte Handwerker verweigerte die Verlegung. Der Bauherr drängte und noch mehr der Bauunternehmer, der dieses Gewerk endlich abschließen wollte. Man wartete nochmals drei Wochen. Der Verleger stellte keine Verbesserung fest und ließ seine Leute immer noch nicht anrücken. Da wurde es dem bauleitenden Mitarbeiter des Generalunternehmers zu bunt. „Der Estrich ist trocken, ihr wollt uns nur vertrösten, weil ihr keine Zeit habt, unsere Baustelle fertig zu stellen. Zehn Wochen Austrocknungzeit eines Zementestriches haben bisher immer genügt, außerdem liegt ein Aufheizprotokoll vor“, rügte der vermeintliche Experte den Parkettverleger. Also verlegte der Handwerker die Dielen unter dem Druck des Bauunternehmers mit schriftlicher Bedenkenanmeldung und ausführlichem Hinweis auf die möglichen Folgen. Diese traten prompt ein. Die vorhandene Restfeuchte war langsam in das Holz eingedrungen. Durch den entstandenen Quelldruck hatte es bei dem elastisch verklebten Boden Verschiebungen der Elemente im Randbereich gegeben. Die Folge waren nicht akzeptable Hohlstellen. Einige Decklagen hatten in ihrer Verbindefestigkeit zum Träger ebenfalls bereits gelitten. Schadensbeseitigung Der Gutachter formulierte einen sehr vorsichtigen Lösungsvorschlag. Er war sich dem Aufwand und der Kosten durchaus bewusst, die eine komplette Sanierung bedeuten würden. Der Sachverständige ging davon aus, dass das noch vorhandene schadenswirksame Feuchtepotential nicht allzu groß war. Er urteilte, dass die zweifelsfrei noch vorhandene Feuchtigkeit langsam durch den offenporig oberflächenbehandelten und träge reagierenden Eichenfußboden diffundieren könnte, ohne dass weitere größere Schäden auftreten. Weiter wies er darauf hin, dass zu Beginn der Heizperiode äußerste Vorsicht geboten ist. Durch das Aufheizen wird weitere, im Estrich befindliche Feuchtigkeit ins Holz getrieben. Deshalb muss die Restfeuchte in beheizten Konstruktionen niedriger sein als in unbeheizten. Der Gutachter empfahl, die zum Zwecke der Prüfung geöffneten Bereiche zunächst provisorisch wieder zu schließen. Zuletzt gab er Hinweise auf mögliche Holzstauchungen durch entstandene Quelldrücke, die sich in den folgenden Heizperioden als zusätzliche Fugenbildung äußern könnten, und empfahl die fachlich einwandfreie Möglichkeit des Injizierens von Klebstoff im Bereich der Hohlstellen des rustikalen Eichenbodens. Der Kunde war ebenso erleichtert wie der Bauunternehmer, den der Gutachter nochmals auf die Unterschiede von Funktionsheizen und Belegreifheizen hinwies. Die Sache ging übrigens gut aus.