Der interessante Schadensfall aus Österreich Großflächige Blasenbildung in einem PVC-Belag Bodenleger trägt Kosten

Kurz nach der Verlegung eines zwei Millimeter dicken PVC-Homogenbahnenbelages in einem neu errichteten Wohngebäude kam es an mehreren Stellen zu großflächigen Abhebungen des Belages vom Untergrund. Was war die Ursache?Aufgeschnittene Blase: Auf der Rückseite des Belages klebten die Spachtelmassenschicht und obere Estrichrandzone.Bodenleger trägt Kosten Die Fußbodenkonstruktion in den betroffenen Räumen präsentierte sich laut Angabe und des vorliegenden Schriftverkehrs wie folgt: e Deckenkonstruktion/Unterlagskonstruktion, e Trittschalldämmplatten, e schwimmender Anhydritestrich, fünf Zentimeter dick, e Grundierung (lt. Erzeuger blau eingefärbt), e zementgebundene Spachtelmasse, e Dispersionsklebstoff, e zwei Millimeter dicker PVC-Homogenbahnenbelag. Die Nähte (Bahnenkanten) sind gefräst und mit PVC-Schweißdraht verschweißt. Der Sachverständige hat auf zirka zwei bis drei Quadratmeter den Bodenbelag vom Untergrund abgenommen. Auf der Rückseite des Belages klebt der überwiegende Teil der Spachtelmasse. Sowohl auf der Spachtelmassenrückseite als auch auf der Anhydritestrichoberfläche ist eine sehr dünne Schicht der oberen Estrichrandzone vorhanden, die mit der Handfläche abgewischt werden kann. Der Gutachter kann keine bläulichen Schichten (Isoliervorstrich) am Untergrund oder auf der Rückseite der Spachtelmassenschicht feststellen. Auf der verklebten Restfläche ist der Belag am überwiegenden Teil vom Untergrund abgelöst. Dadurch haben sich großflächige Blasen und Beulen im Belag gebildet. An sechs anderen Stellen des Bauwerks wurden ebenfalls großflächige Abhebungen festgestellt. Folgende Untersuchungen sollten Klarheit über die Ursache der Blasen- und Beulenbildung bringen: Der Sachverständige hat zunächst in der Wohnung unter einem abgenommenen Belag eine CM-Messung mit 50g Einwaage vorgenommen. Das Messergebnis wies 0,4 % Feuchte aus. Anschließend brachte der Gutachter auf die am Belag klebende Spachtelmassenschicht einen Tropfen Wasser auf. Nach einer Minute war der Wassertropfen eingesogen und die feuchte Fläche hatte sich zirka verdoppelt. Bei Vergrößerungen unter der Lupe und dem Mikroskop von 1:10 bis 1:120 konnte er keine bläuliche Schichten mit eine Quarzabsandung (Vorstrich) feststellen. Die Poren der Estrichoberfläche sind in der Spachtelmassenschicht als Erhöhung vorhanden. Gutachten Um den Sachverhalt beurteilen zu können, sind die Verarbeitungsrichtlinien der Hersteller, die Regeln des Faches und die einschlägigen Normen heranzuziehen. E In den Verarbeitungsrichtlinien der Hersteller bezüglich des Anhydritestriches steht im Kapitel „Oberflächenbehandlung“ unter „Allgemeine Richtlinien“ Folgendes: e Eine Probeverlegung ist immer dann zu empfehlen, wenn das Zusammenwirken von Belag, Klebstoff, Grundierung und eventuell Spachtelmasse überprüft werden muss. Besonders bei lösungsmittelarmen oder -freien Systemen ist das Saugvermögen des Untergrundes und des Belags sowie die Baustellentemperatur von großer Bedeutung. e Prinzipiell gelten die Angaben der Belagshersteller und Klebstoffhersteller für den zu verwendenden Kleber. Wichtig für den Bodenleger ist die richtige Zuordnung der Grundierung für den jeweils verwendeten Kleber und vorgesehenen Bodenbelag. e Es dürfen nur Grundierungen verwendet werden, denen ausdrücklich vom Hersteller die Eignung für Anhydritestrich bescheinigt wird. In der Produktinformation für den Isoliervorstrich sind folgende Angaben zu finden: Vorstrich für e saugende, zementgebundene Untergründe, e Absperrung von nichtdrückender Restfeuchtigkeit (bis 5 CM-%) in zementgebundenen Untergründen, e Abdichtung gegen Oberflächenfeuchtigkeit, e Holzböden, Spanplatten zum Schutz vor Feuchtigkeit bis zur Belegung mit Bodenbelägen, e festliegende, wasserunlösliche Klebstoffreste. Technische Daten (auszugsweise): Basis PVDC, Farbe bläulich, Konsistenz mittelviskos, Dichte zirka 1,24, Verdünnung mit Wasser, Auftragsweise über Schaumstoffrolle, Verbrauch zirka 150 bis 300 g/m2 je nach Einsatz und Verdünnung. Zur Verarbeitungsweise empfiehlt der Hersteller folgendes Vorgehen (auszugsweise): Zur Feuchtigkeitssperrung auf zementären Untergründen: Erster Aufstrich verdünnt, zweiter und dritter Aufstrich konzentriert jeweils im Kreuzgang aufbringen. Der Gesamtauftrag beträgt zirka 600 g/m2. Der dritte Aufstrich ist bei Spachtelarbeiten sofort mit Quarzsand (0,3 bis 0,7 mm) im Überschuss abzusanden. Eine Feuchtigkeitssperre auf Anhydrit- oder Steinholzestrichen ist nicht möglich. E Die Önorm B 2236/Teil Klebearbeiten sagt unter Punkt 2.3.4.2.3: „Der Vorstrich (Haftbrücke) ist vor Aufbringung der Spachtelmasse und/oder des Klebstoffes vollflächig aufzutragen. Magnesit- und Anhydritestriche müssen immer mit einem Vorstrich versehen werden. Die Einwirkung von Feuchtigkeit aus der Decke oder aus dem Estrich ist auszuschließen, da sonst vor allem der in den angrenzenden Räumen verlegte Mosaikparkettboden Schäden aufweisen müsste. Der zulässige Feuchtigkeitswert für Parkettböden beträgt laut Angabe in den technischen Richtlinien des Anhydritestrichherstellers 0,3 %. Eignung des eingesetzten Vorstrichs: e Der eingesetzte Vorstrich ist laut Produktinfo des Erzeugers nicht für diesen Einsatzzweck geeignet. e Die von der Erzeugerfirma des Anhydritestrichs vorgeschriebenen Richtlinien wurden nicht eingehalten: e Im Zweifelsfalle Probeverlegung. e Es dürfen nur Grundierungen verwendet werden, die ausdrücklich vom Hersteller eine Eignung für Anhydritestriche bestätigt haben. e Bei Spachtelung mit zementgebundener Spachtelmasse einen Vorstrich mit Reaktionsgrundierharzen verwenden und absanden mit Quarzsand. Auf Grund der mikroskopischen Untersuchungen und der Inaugenscheinnahme vor Ort stellte der Sachverständige keine funktionierende Grundierungsschicht fest. Dafür spricht auch, dass die mikroskopisch kleinst ausgebildeten Poren des Untergrundes als Erhöhung in der Spachtelmassenschicht vorhanden sind. Bei Aufbringen einer Grundierung von 200 g/m2 müssten diese feinen Poren geschlossen sein. Die Schadensursache ist im Nichteinhalten der Richtlinien der Erzeuger und in der mangelnden bzw. im Nichtvorhandensein der Grundierung gelegen. In der Folge wurde der Belag auf allen Flächen entfernt und neu verlegt. Die Kosten musste der Bodenlegerbetrieb tragen.